Die Pariser entdecken ihre eigene Stadt

Wegen der Corona-Pandemie bleiben die Touristen aus, die französische Metropole zeigt sich von einer ganz neuen Seite

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Im Moment kann man den Blick vom Eiffelturm ziemlich alleine genießen

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Einsam auf dem Eiffelturm

Marlène Aubry ist zum ersten Mal in ihrem Leben auf dem Eiffelturm. Lächelnd erklärt die junge Französin, dass sie vor über zehn Jahren nach Paris gezogen ist. „Ich lebe hier nebenan im 15. Arrondissement“, sagt sie und zeigt mit dem Finger in Richtung ihrer Wohnung, die nur einen Steinwurf entfernt liegt. „Ich hatte es mir tausendmal vorgenommen hochzufahren, aber ich hatte keine Lust, mich stundenlang in die Warteschlange der Touristen einzureihen.“ Nun aber hat die Corona –Pandemie das Leben in der Stadt radikal verändert. Weit über 17 Millionen Touristen haben Paris zuletzt jedes Jahr geflutet, doch das Virus hat diesen Strom über Nacht zum Erliegen gebracht.

Die entschleunigte Stadt

Nach dem Ende der sehr strengen, mehrwöchigen Ausgangssperre fanden die Einwohner der Metropole an der Seine eine völlig veränderte, entschleunigte Stadt vor. Der Straßenverkehr war plötzlich erträglich geworden, weil viele Pendler weiter im Homeoffice arbeiten und sich keine Touristenbusse durch die Straßen drängen. Der Blick auf den Louvre, die Basilika Sacré-Coeur oder das Panthéon wird nicht von einer quirligen und quasselnden Touristenmasse verstellt, die kleine Ewigkeiten auf den Einlass wartet. „Es ist ja ein bisschen makaber, aber ich profitieren von der Corona-Pandemie“, sagt Marlène Aubry und genießt vom Eiffelturm den atemberaubenden Blick über die träge dahinfließende Seine ohne Ausflugsschiffe und den fast menschenleeren Trocadéro.

 

 

 

Paris wird von den Einwohnern neu entdeckt

Nach dem ersten Erstaunen haben viele Einwohner von Paris begonnen, ihre Stadt für sich neu zu entdecken. „Paris ist eine Weltstadt, die aber für die Menschen, die dort wohnen und arbeiten nur schwer zu erfassen ist“, erklärt Corinne Menegaux, Chefin der Tourismusbehörde. „Auf unserer Internet-Seite bieten wir inzwischen geführte Spaziergänge für Einheimische durch die einzelnen Viertel der Stadt an“, erklärt sie. So können etwa die Teilnehmer rund um die Métro-Station Barbès-Rochechouart im 18. Arrondissement die afrikanische Kultur entdecken, die dort blüht, wie in sonst keinem anderen Stadtteil. Der Grund: Während des Baus des nahen Gare du Nord kamen viele Arbeiter aus den ehemaligen französischen Kolonien nach Paris und ließen sich dort nieder.

 

Die Stimmung hat sich etwas normalisiert

Nachdem die Bistros in der Stadt Ende Mai zumindest ihre typischen Terrassen öffnen durften, hat sich auch die Stimmung in den Straßen wieder normalisiert. Die allgegenwärtige Depression ist in diesen Wochen langsam der bekannten Pariser Leichtigkeit gewichen. Da nicht alle der weit über 20.000 Restaurants und Cafés über einen Außenbereich verfügen, dürfen die Wirte in diesem Sommer ihre Tische und Stühle einfach auf die Gehwege und die Parkplätze vor den Bistros stellen. Einige kleine Straßen wurden ganz für den Verkehr gesperrt. Das hat allerdings zur Folge, dass sich dort bereits mancher Anwohner über den nächtlichen Lärm der Gäste beschwert, da sich kaum jemand an die 20-Uhr-Sperrstunde hält.

Nicht alle Bistros werden den Lockdown überleben

Zumindest äußerlich scheint inzwischen wieder eine gewissen Normalität Einzug gehalten zu haben. Doch der Schein trügt. Im bei Touristen sehr beliebten Pariser Viertel Marais, wo in den vollbesetzten Restaurants am Abend bisher ein vielsprachiges Stimmengewirr aus der ganzen Welt zu hören war, wird nun fast ausschließlich Französisch gesprochen. „Uns fehlen vor allem am Tag die Gäste“, räumt ein Bistro-Besitzer ein. Er ist überzeugt, dass nicht alle seiner Kollegen dieses Krisenjahr überleben werden. Dann fügt der Mann selbstkritisch hinzu, dass viele in Paris bisweilen gerne über die Masse an Touristen stöhnen – doch nun bleiben sie weg und das sei auch nicht gut.

 

Einige Infos zur Lage in Paris:

PANDEMIE: Die Einreise aus Deutschland nach Frankreich ist inzwischen wieder ohne Probleme möglich. Hotels, Jugendherbergen und Campingplätze sind wieder geöffnet, genauso wie Restaurants, Bars und Cafés. Allerdings gelten bestimmte Hygienevorschriften. Zum Beispiel: Nicht mehr als zehn Personen pro Tisch, mindestens ein Meter Abstand zwischen den Tischen, Maskenpflicht.

MÉTRO: Auch die Métro in Paris läuft wieder im Normalbetrieb. Aber auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln herrscht Maskenpflicht – das gilt auch für Taxis. Passagiere sollten darauf achten, einen möglichst großen Abstand zu anderen Reisenden einzuhalten.

SEHENSWÜRDIGKEITEN: Auch Museen und andere Sehenswürdigkeiten werden nach und nach wieder geöffnet. Auch dort gelten die üblichen Hygienevorschriften. Zudem muss der Besuch in der Regel Online reserviert werden, da die Zahl der Besucher streng reglementiert ist.

TOURISTEN: Im Jahr 2019 wurde in Paris (innerhalb der 20 Arrondissements) ein Rekord von über 17 Millionen Touristen verzeichnet. Im Großraum Paris waren es über 50 Millionen Besucher. Jedes Jahr besuchen weit über eine Million Deutsche die französische Hauptstadt. Nur aus den USA, Großbritannien und China kommen mehr Touristen.

Mit wenigen Schritten vom Dschungel in die Sahelzone

Die Gewächshäuser im Pariser Vorort Auteuil sind seit über einhundert Jahren ein exotischer Ort der Muße und Ruhe für die Menschen der Millionenstadt.

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Großer Bahnhof um Roland Garros

Es ist keine gute Idee, den Jardin des Serres d’Auteuil zu besuchen, wenn in Roland Garros Tennis gespielt wird. Immer wieder brandet Beifall herüber oder frenetischer Jubel, wenn einem Spieler ein Schlag besonders gut gelungen ist. Ansonsten eine Oase der Ruhe, lediglich leise besäuselt vom ständigen Verkehr der Großstadt, ist an diesem Ort während der Turniertage an Kontemplation kaum zu denken.

Der Ärger beginnt mit der Anfahrt: die Metro Nummer 10 in Richtung Porte d’Auteuil ist überfüllt, aufgekratzte Menschen hetzen umher, Andenkenstände versperren den Weg und eine lärmende Karawane zieht von der Metro in Richtung Haupteingang der Tennisanlage. Es empfiehlt sich, die Leute an der Straße entlang rennen zu lassen, sich in aller Gelassenheit etwas links zu halten und den Weg durch den Park der Poeten zu nehmen. So schlendert man einige Hundert Meter an alten Bäumen und Tafeln mit Gedichten vorbei, bis schließlich das erste Gewächshaus auftaucht.

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Eine Zeitreise in ein anders Jahrhundert

Spätesten jetzt beginnt eine kleine Zeitreise ins 19. Jahrhundert. Als Einstimmung dient der Garten im barocken Stil, den die fünf Hauptgewächshäuser umschließen. Unweigerlich führt der Gang in Richtung des Einganges am größten Gebäudes aus Stahl und Glas. Dabei passiert man eine ausladende Treppe, die mit fratzenartigen Köpfen geschmückt ist, die aus dem Atelier Auguste Rodins stammen. In der Mitte prangt ein mächtiges Medaillon das den Triumph des Bacchus darstellt und als Beleg dienen kann, dass die Menschen jener Zeit den Sinnesfreuden nicht ganz abgeneigt gewesen sein können.

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Eintritt in eine andere Welt

Es bedarf einiger Kraft, die mehrere Meter hohe Tür aufzuziehen, aber kaum ist die Pforte durchschritten, ist die Welt eine andere. Wasser rauscht, exotische Vögel zwitschern um die Wette und ein schwerer Duft von Blüten und Erde umfängt den Besucher.

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Dem modernen und weltreisenden Menschen von heute mag dieses Erlebnis wenig Neues bieten, aber wie mögen die Pariser vor über 100 Jahren auf solch einen Empfang reagiert haben? Am Ende des 19. Jahrhunderts waren solche Gewächshäuser groß in Mode. Für die Franzosen hieß es, dass sie zwar ihre entfernten Kolonien nicht besuchen konnten, doch in diesem Fall die Kolonien einfach zu ihnen kamen, erklärt Vincent Lysiak, Chefgärtner der Serres d’Auteuil. Bemerkenswert ist die Sammlung der Pflanzen aus Neukaledonien, von denen viele zum ersten Mal außerhalb ihrer Herkunftsinsel zu sehen waren.

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Beliebtes Zielt für die Pariser

Vor allem im Winter liebten es die Einwohner von Paris, sich im Warmen zwischen Palmen und Kakteen zu ergehen. Sie bestaunten die unglaublichen Farben der tropischen Pflanzen und berauschten sich an den exotischen Düften.
Angelegt war die Anlage ursprünglich aber nicht als Ort der Muße, sondern vor allem zur Zucht der Pflanzen, die König Ludwig XV. für seine Gärten benötigte. Aber mit dem Niedergang der Monarchie hatte sich auch das schnell erledigt und schließlich wurde der Architekt Jean Camille Formigé damit beauftragt, die Gewächshäuser zu bauen, die 1898 eröffnet wurden. Und so kann man auch heute noch von der dicht wuchernden Dschungelwelt in nur wenigen Schritten in die scheinbar lebensfeindliche Welt der Sahelzone wechseln, wo nur Dornen und Gestrüpp gedeiht.

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Ein Eldorado für alle Botaniker

Auf ihre Kosten kommen Orchideenliebhaber, es sollen über 500 Unterarten der Pflanze in den Gewächshäusern zu finden sein. Zudem ist zu bestaunen, dass die Gattung der Begonia nicht nur aus jenen wuchernden Gewächsen besteht, die an deutschen Einfamilienhäusern die Fenstersimse verschönern sollen.
Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts musste der Garten allerdings einen herben Einschnitt hinnehmen. Ein Drittel der Fläche wurde dem Straßenbau geopfert und die Pflanzenzucht wurde ausgelagert.

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Das Paradies schrumpft

Noch einmal einen gewissen Tribut mussten die Gärten dem unmittelbaren Nachbarn zollen. Als die Tennisanlage Roland Garros in den letzten Jahren erweitert wurde, wurden noch einmal einige Quadratmeter abgezwackt. In diesem Fall aber haben sich die Architekten des französischen Tennis-Mekkas einiges einfallen lassen. Das neue, rund 5000 Zuschauer fassende Stadion, das nach der Tennisspielerin Simonne Mathieu benannt wurde, gleicht von außen einem Gewächshaus. Die Formgebung der Serres d’Auteuil wurde aufgenommen und auch im Innern wurden an den vier Seiten jeweils Pflanzen aus Amerika, Asien, Afrika and Ozeanien gepflanzt. Allein der Geruch ist den diesen heiligen Hallen des Sports ein anderer. Anstatt nach saftiger Erde und süßen Blüten, riecht es eher nach Bier und gebratenen Würstchen.

Putschversuch kostet die Türkei bisher 90 Milliarden Euro

Der Putschversuch in der Türkei hat die Wirtschaft des Landes nach Regierungsangaben viele  Milliarden gekostet. Wenn alles zusammengerechnet werde, ergebe sich ein Betrag von „mindestens 300 Milliarden Lira“ (90 Milliarden Euro), sagte Handelsminister Bülent Tüfenkci laut Presseberichten am Dienstag. Die Putschisten hätten die Türkei wie ein Dritte-Welt-Land aussehen lassen, klagte der Minister.

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Schwere Einbußen im Tourismus

Er zählte demnach unter anderem „Kampfflieger, Kampfhubschrauber, Waffen, Bomben“ und zerstörte Gebäude auf. Hinzu kämen abgesagte Warenbestellungen und Reisen aus dem Ausland. Die Gesamtsumme könne mittelfristig noch steigen, sagte Tüfenkci. „Leider haben die Putschisten die Türkei wie ein Dritte-Welt-Land aussehen lassen, mit Panzern auf den Straßen“, beklagte er.

Dem Minister zufolge wurden nach dem Putschversuch eine Million Reservierungen im Tourismussektor zurückgezogen. Dies ist Tüfenkcis Worten nach aber vor allem darauf zurückzuführen, dass die Regierung rund drei Millionen Beamten den Urlaub strich. Für die Tourismusbranche in der Türkei ist das ein weiterer Rückschlag. Vor dem Hintergrund mehrerer Anschläge sowie Spannungen mit Russland war die Zahl der ausländischen Gäste in dem Land im Juni um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gefallen. Wie genau sich der Mitte Juli erfolgte Putschversuch auf die Branche auswirkt, bleibt abzuwarten.

Minister Tüfenkci betonte, die Lage sei nach dem Umsturzversuch schnell unter Kontrolle gewesen. Es sei auch nicht notwendig, Daten zu den Exporten oder zum Wirtschaftswachstum zu korrigieren. „Der Tourismus wird ab jetzt ebenfalls kräftig zulegen“, sagte Tüfenkci voraus.

Hier geht es zu einem Bericht von Ajanshaber