Spektakuläre Aktion von Greenpeace bei Notre-Dame

Mit einer Aktion auf der Baustelle der Kathedrale Notre-Dame hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace in Paris für Aufsehen gesorgt. Aus Kritik an der Klimapolitik von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron haben Aktivisten  auf einem 80 Meter hohem Kran ein Transparent angebracht. Mit der Aufschrift „Climat: Aux Actes!“ forderten sie, dass zum Schutz des Klimas endlich gehandelt werden müsse.

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Kulturministerin kritisiert die Aktion von Greenpeace

Die neue Kulturministerin Roselyne Bachelot kritisierte die Aktion. „Es gibt extrem empfindliche Baustellen“, sagte sie dem Sender France Inter. Jedes Eindringen in die Baustelle von Notre-Dame könne sehr schlimme Folgen haben. Teile der Kathedrale sind noch immer einsturzgefährdet. .

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Anfang Juni hatte der Abbau eines bei dem verheerenden Brand verformten Gerüsts begonnen. Vor dem Feuer im April 2019 war die Turmspitze des weltberühmten Bauwerks restauriert worden. Das dafür auf dem Dach installierte Gerüst hielt dem Einsturz der Turmspitze zwar stand, wurde jedoch durch die Hitze des Feuers massiv verformt. Mithilfe des riesigen Krans soll das Gerüst nun entfernt werden – das gehört zu den Sicherungsarbeiten, die noch nicht abgeschlossen sind.

Greenpeace verteidigt die eigene Aktion

Greenpeace verteidigte die Aktion. Man sei auf den Kran geklettert und habe die Kathedrale gar nicht berührt. „Es besteht eine Kluft zwischen den Versprechen und der Realität der Taten“, sagte der Geschäftsführer von Greenpeace Frankreich, Jean-François Julliard, dem Sender Franceinfo. Es gebe viele Ankündigungen und Versprechungen von Macron, aber diese würden nicht in die Realität umgesetzt.

Tempo 30 für Paris?

Anne Hidalgo sorgt wieder einmal für Aufregung. Die Bürgermeisterin von Paris will eine Geschwindigkeitsbegrenzung für die ganze Stadt. Autos sollen in Zukunft nur noch 30 km/h fahren dürfen. Auf der Stadtautobahn sollen 50 km/h erlaubt sein. Das Ziel für Paris: die Lebensqualität verbessern. Da Ziel für Anne Hidalgo: ihre Wiederwahl als Bürgermeisterin am 28 Juni.

 

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Weniger Autos – weniger Hektik

In der Bäckerei am Place Victor Hugo im schicken 16. Arrondissement von Paris herrscht überraschende Einigkeit. Die Idee mit der Geschwindigkeitsbegrenzung sei eine gute Sache. Man habe dann mehr Ruhe in der Stadt, weniger Hektik, heißt es immer wieder. Vor allem eine ältere Dame ereifert sich, allerdings würde sie gerne alle Autos aus der Stadt verbannen. Einen eigenen Wagen hat sie nicht, sie nimmt immer den Bus, da sie die steile Treppe hinunter zur Métro nicht mehr schaffe. Einen Aufzug gibt es dort nicht. Aber im Grunde bleibe sie sowieso lieber im Viertel.

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In diesen Zonen der Stadt gilt bereits Tempo 30 – die Karte stammt von „Le Parisien“

 

Ein jüngerer Mann erklärt, dass es sich in den vergangenen Wochen während der Ausgangssperren wegen der Corona-Krise gezeigt habe, dass man auch ohne Auto zurechtkomme. Er hat sich ein Fahrrad gekauft und wäre auch froh, wenn der Autoverkehr „entschleunigt“ würde. Seinen Wagen nimmt er nur noch ab und an.

 

Verlierer sind die Einwohner der Vororte

Wer sich über die Idee aufregt, wohnt vor allem in den Vororten, den berühmten Banlieue von Paris. Diese Menschen sind oft auf ihren Wagen angewiesen, um in die Stadt oder einen anderen Vorort zu kommen. Zwar nehmen auch von diesen Bewohnern viele die Nahverkehrszüge und die Métro, die die Menschen jeden Morgen zu Millionen ins Zentrum schaufeln, doch ist das System hoffnungslos überlastet. Sie würden vor allem davon getroffen, wenn auf der Stadtautobahn eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt würde. Allerdings steht dort der Verkehr fast jeden Tag am Abend und am Morgen auf Hunderten von Kilometern. Die freie Fahrt für freie Franzosen ist auch dort nur Wunschdenken.

Anne Hidalgo will weniger Verkehr in Paris

Es ist nicht das erste Mal, dass Anne Hidalgo mit einem Vorschlag in Sachen Verkehrsberuhigung für Aufregung sorgt. Sie hat die Straße entlang der Tuilerien sperren lassen und Radspuren angelegt, musste sie dann aber wieder zumindest teilweise öffnen, weil sie nach Ansicht eines Gerichtes eigenmächtig gehandelt hat. Während der Corona-Pandemie hat die amtierende Bürgermeisterin rund 50 Kilometer Radwege im Stadtzentrum angelegt – und auch dafür hat sie dem Autoverkehr Spuren abgezwackt. So ist die Rue Rivoli inzwischen eine Einbahnstraße und nur noch für Busse und Taxis frei – drei Spuren wurden für Radfahrer freigemacht.

Generell wurden vor allem Radwege von den Métro-Stationen am Stadtrand in Richtung Stadtmitte angelegt. Die Aktion wurde so gut angenommen, dass Anne Hidalgo überlegt, diese provisorischen Radwege auf Dauer anzulegen. Nun also Tempo 30!

 

 

Das Kalkül der Bürgermeisterin

Das Kalkül der Bürgermeisterin ist ziemlich durchsichtig. In Paris besitzt weit über die Hälfte der Haushalte kein eigenes Auto mehr. Wenn sie für Ruhe, grüne Plätze und weniger Verkehr sorgt, trifft sie den Nerv vieler gestresster Einwohner der Millionenmetropole. Ähnlich agiert sie, wenn es um die Begrenzung des Tourismus in der Stadt geht. Die von Anne Hidalgo angestrebten rigiden Restriktionen für den Wohnungsvermittler Airbnb werden von den meisten Parisern begrüßt. Die Preise für die Wohnungen in Paris sind nicht zuletzt werden solcher Agenturen in astronomische Höhen geschossen. Die Chancen auf eine zweite Amtszeit stehen für Anne Hidalgo nicht schlecht.

Frankreich verabschiedet sich vom Kassenbon

Die Franzosen zählen nicht gerade zu den Weltmeistern beim Reycling. Das soll sich nun Schritt für Schritt ändern. 16 Jahre nach Einführung des Einwegpfands in Deutschland diskutiert auch Frankreich über ein Rückgabesystem für Getränkeverpackungen. In einem Bereich sind die Franzosen den Deutschen allerdings einen Schritt voraus. Während in Deutschland die Kassenbonpflicht eingeführt wurde, wurde nun in Paris deren Aus besiegelt.

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Ein kleiner Schritt für einen Franzosen

Der Schritt in die Bon-freie Zeit ist allerdings eher ein kleiner. Denn schon jetzt nehmen es die Franzosen mit der Bonpflicht nicht so genau: Wer sein Baguette in einer Bäckerei kauft, bekommt in vielen Fällen keinen Kassenzettel. In Deutschland müssen Händler und Restaurants dagegen seit dem 1. Januar jedem Kunden einen Bon aushändigen. In Frankreich wurde nun ein Gesetzentwurf verabschiedet, danach sollen ab September Bons bis zu zehn Euro nicht mehr ausgedruckt werden – außer, der Kunde wünscht dies ausdrücklich. Ab 2021 fallen Kassenzettel bis zu 20 Euro weg, ab 2022 solche bis zu 30 Euro.

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Gesetz gegen „Verschwendung“

Das französische Gesetz gegen „Verschwendung“ sieht noch andere Maßnahmen zum Umweltschutz vor: Danach dürfen nicht verkäufliche Textilien und Hygieneartikel ab 2022 nicht mehr vernichtet werden, sondern müssen gespendet oder – im Fall von Textilien – recycelt werden. Zudem soll es ein neues Label für die „Reparierbarkeit“ von Fernsehern oder Handys geben. Damit will die Regierung verhindern, dass wie bisher 60 Prozent der defekten Elektro-Geräte auf dem Müll landen.

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Kampf gegen das Plastik

Auch gegen die sich häufenden Plastikberge geht Frankreich vor: Schnellrestaurants müssen spätestens ab 2023 wiederverwendbare Verpackungen und Besteck nutzen. Ein zunächst geplantes Pfand für Plastikflaschen wie in Deutschland wird es aber vorerst nicht geben.

Eine trübe Kloake namens Seine

Die Hausboote am Ufer in Paris leiten ihr Abwasser ungeklärt in den Fluss. Das ist zwar verboten, doch niemand hält sich daran. Die Stadt will das nun ändern. 

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Das hat was, so ein Hausboot auf der Seine – doch auf die Besitzer könnten nun einige Kosten  zukommen. Denn die Schiffe sollen an die Kanalisation angeschlossen werden. 

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Die schmutzige Seite der Romantik

Romantik ist – eine Fahrt auf der Seine. Vorbei am Eiffelturm, dem Louvre und Notre Dame, gehört eine kurze Sightseeing-Tour mit dem Schiff ins Programm jedes Paris-Touristen. Schließlich präsentiert sich die Stadt dabei von ihrer schönsten Seite. Was die verzückten Besucher von den Stadtführern aber nicht zu hören bekommen: sie dümpeln bei ihrer Fahrt in einer Kloake, denn die Seine ist ein unglaublich dreckiger Fluss.

Diese Tatsache hat weniger mit den täglich tausenden Lastkähnen und Ausflugsschiffen zu tun, das Problem sind eher die Hausboote, jene pittoresken Péniches, die am Ufer angelegt haben. Die kippen nämlich ihr gesamtes Abwasser – auch das aus der Toilette – ungefiltert in den Fluss, konstatiert Christian Duguet, Präsident der ADHF, einer Interessenvertretung der Bootbesitzer. Das sei zwar nach einem Gesetz aus dem Jahre 1934 strengstens verboten, sagt er, doch niemand halte sich dran. Pro Jahr werden in Paris heute insgesamt zwei Millionen Kubikmeter Abwasser in die Seine geleitet – vor 30 Jahren waren es noch 20 Millionen Kubikmeter.

Zieldatum sind die Olympischen Spiele

Doch nun stehen im Jahr 2014 die Olympischen Spiele vor der Tür und es wäre keine gute Reklame für Paris, müssten etwa die Triathleten in dieser Brühe ihre Schwimmwettbewerbe absolvieren. Also macht die Stadt Druck, die Hausboote endlich ans öffentliche Abwassernetz anzuschließen. Das allerdings ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Geplant ist, am Ufer auf einer Länge von knapp zehn Kilometern unterirdische Sammelbehälter einzurichten, in die die Hausboote das Abwasser abpumpen können. Von dort sollen die Fäkalien dann in das öffentliche Abwassernetz gelangen können.

Doch schon im Ansatz türmen sich die Probleme. So ist zum Beispiel das Ufer der Seine bereits von unzähligen Leitungen und anderen unterirdischen Versorgungstrassen durchzogen, von denen die meisten noch nicht einmal verzeichnet sind. Zusätzlich müssen alle rund 100 betroffenen Hausboote mit einem eigenen, modernen Abwassersystem ausgestattet werden, das an die Leitungen an Land angeschlossen werden kann.

Nicht alle sind von der Idee begeistert

Christian Duguet von der Hausboot-Lobby hält die ganze Sache für ziemliche Verschwendung und hat viele Einwände parat. Auf der Höhe des Eiffelturms, rechnet er vor, liegen zehn Boote. Allein dort würden sich die Erschließungskosten auf zwei Millionen Euro belaufen. Außerdem müssten die Besitzer auf eigene Kosten sehr teure Pumpen in ihren Schiffen installieren, da der Quai höher liege als das Hausboot selbst. Zudem sei damit zu rechnen, so Christian Duguet, dass bei schweren Unwettern, wenn die Kanäle unter der Stadt regelmäßig überlaufen, das Abwasser in die Schiffe zurückschwappe, denn Rückschlagventile seien nie ganz dicht. Auch würden im Winter die Leitungen wahrscheinlich vereisen und sowieso würden sie hässlich aussehen und das schöne Bild verschandeln. Christian Duguet selbst schlägt eigene Lösungen vor, wie etwa Trockentoiletten mit Kompostieranlagen oder unabhängige Wiederaufbereitungsanlagen, die allerdings technisch alle reichlich kompliziert sind und erst noch getestet werden müssen.

Das heißt: vorerst bleibt alles, wie es ist. Die Hausbootbesitzer kippen weiter den Inhalt ihrer Toiletten ungeklärt in den Fluss, die Touristen genießen ihre Ausflüge auf der Seine und die Stadt hofft, dass niemand auf die Idee kommt, im heißen Sommer in dieser Brühe ein erfrischendes Bad zu nehmen. Das nämlich könnte sehr unangenehme gesundheitliche Folgen haben. ENDE-ENDE

Extincton Rebellion sabotiert E-Scooter in Frankreich

Die selbsternannten Kämpfer für eine bessere Umwelt machen mehrere Tausend Trottinette unbrauchbar. Die Kritik richtet sich gegen die zweifelhafte Ökobilanz der Gefährte.

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Die Trottinette sind auf Frankreichs Gehwegen nicht immer gern gesehen.

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Sind die E-Scooter eine Umweltsünde?

Die Trottinette sind für viele Franzosen zum Hassobjekt geworden. Für einige Fahrer dieser hippen E-Scooter scheinen Verkehrsregeln nicht zu gelten, zudem blockieren achtlos abgestellte Gefährte immer wieder die Gehwege. Für die Gruppe Extinction Rebellion sind vor allem die Leih-Trottinette zudem eine Klimasünde, weshalb die selbsternannten Kämpfer für eine bessere Umwelt nun rigoros zur Tat geschritten sind. Nach eigenen Angaben haben sie in Paris, Lyon und Bordeaux genau 3600 der Elektroroller lahmgelegt. Die Gefährte seien nicht dauerhaft zerstört worden, heißt es von Seiten der Gruppe, man habe lediglich den QR-Code unkenntlich gemacht, den die Benutzer scannen müssen, wollen sie eine Trottinette ausleihen.

Extinction Rebellion kritisiert die fragliche Ökobilanz

Die Kritik von Extinction Rebellion entzündet sich an der mehr als fraglichen Umweltbilanz der Gefährte, wie die Gruppe über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilt. Vor allem die Produktion der Batterien sei außerordentlich aufwändig und energieintensiv. Auch stammten die dafür verwendeten Materialien oft aus fraglichen Abbaugebieten. Das Einsammeln der kleinen Flitzer in der Nacht, um sie aufzuladen und danach wieder an ihre Standorte im gesamten Stadtgebiet zu bringen, schmälert die Ökobilanz zusätzlich. Zudem werden Zweifel an der Lebensdauer der Elektroroller laut – in manchen Studien wird behauptet, sie seien nur wenige Woche in Gebrauch und müssten dann ausgetauscht werden.

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Firmen wollen Klage einreichen

Der Anbieter Dott hat rund einhundert Beschädigungen an seinen Trottinette in Paris gezählt, erklärt Marketingdirektor Matthieu Faure. Die Mitarbeiter des Unternehmens seien unterwegs, um die QR-Codes wieder lesbar zu machen. „Wir bedauern den Vandalismus des Kollektivs Extinction Rebellion“, erklärt er weiter. Der Anbieter Lime hat angekündigt, Klage wegen der Aktion einzureichen. Ein Sprecher des Unternehmens Bird weist die vorgebrachten Vorwürfe zurück. Jeden Tag würden Tausende Menschen die Trottinettes benutzen, um zur Arbeit zu fahren, die sonst im Auto sitzen würden. Die Elektroroller seien also durchaus ein Beitrag zur Verbesserung der Umwelt.

Extinction Rebellion will nach Informationen der Tageszeitung „Le Parisien“ die Argumente der Anbieter aber nicht gelten lassen. Die Gruppe werde die Aktion wiederholten, so heißt es, bis „die Spielzeuge der grünen Kapitalisten aus unseren Städten“ verschwunden sind.

Eine tödliche Gefahr in der Idylle

An bretonischen Stränden werden tonnenweise Algen angeschwemmt und verrotten. Dabei werden hochgiftige Gase freigesetzt, die wohl auch schon Menschen getötet haben.

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Yves-Marie Le Lay überprüft, wie viele giftige Gase sich an den Stränden gebildet haben.

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Ein fiepender Ton zeigt die tödliche Gefahr

Die Bucht La Lieue de Grève erscheint wie eine Idylle aus dem Tourismusprospekt – stünde da nicht dieser Mann mit seiner furchterregenden Gasmaske am Strand. In geflickten Gummistiefeln stapft er mühsam durch den Morast, der sich bei Ebbe in den kleinen Senken gebildet hat. Hie und da hält er inne, gräbt kurz mit einer kleinen Gartenschaufel und hält ein gelbes Messgerät in das Loch. Ein fiepender Ton ist zu hören, der nur eines bedeuten kann: Gefahr!

Es ist heiß, keuchend kämpft sich Yves-Marie Le Lay zurück. „Wenn ich die Maske nicht tragen würde, könnte ich hier sterben“, sagt er. „Die Konzentration an Schwefelwasserstoff ist enorm.“ Todesgefahr? An diesem wundervollen Ort, an diesem harmlosen Strand am westlichen Zipfel der Bretagne?  Yves-Marie Le Lay kennt diesen zweifelnden Blick und hebt an zu einem kurzen Vortrag.

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Bei Ebbe werden die Algen freigelegt und verfaulen in der Sonne

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Die Algen bilden Schwefelwasserstoff

„Der ganze Strand ist bei Ebbe bedeckt mit Unmengen grüner Algen“, erklärt er und macht mit dem Arm eine weit ausholende Bewegung. „Wenn die Sonne darauf scheint, beginnen die zu verrotten. Die oberste Schicht trocknet und schließt die darunterliegende Schicht luftdicht ab, wie eine Art Plastikplane. Die Algen darunter zersetzen sich aber weiter und bilden dabei Schwefelwasserstoff, ein hochgiftiges Gas. Wenn nun jemand auf diesen kleinen Algenberg tritt, kann das Gas schlagartig entweichen und wenn die Konzentration ausreichend hoch ist, kann das bis zum Tod führen.“ Wie zum Beweis stapft er durch eine kleine Algenansammlung, ein übelriechender Geruch nach faulen Eiern und Verwesung macht sich breit. „Schwefelwasserstoff“, sagt er zufrieden.

An den Stränden hat es schon Tote gegeben

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Umweltschützer Yves-Marie Le Lay

Dieses Phänomen sei natürlich nicht überall zu beobachten, erklärt Yves-Marie Le Lay, aber in den vergangenen Jahren hat es in der Region an einigen Stränden Tote gegeben, auch Tiere verenden immer wieder auf unerklärliche Weise. In diesen Tagen ist nur wenige Kilometer von La Lieue de Grève entfernt ein 18 Jahre alter Austernzüchter bei der Arbeit gestorben. Es gab zwar eine Autopsie, doch die brachte nur zu Tage, dass er keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. „Viele Faktoren sprechen dafür, dass er sich vergiftet hat“, sagt Yves-Marie Le Lay, „aber das Interesse der Industrie und der Politik ist nicht allzu groß, die Wahrheit ans Licht zu bringen.“

Yves-Marie Le Lay ist das, was man in Frankreich einen „écolo“, einen Umweltschützer, nennt und was nicht immer nett gemeint ist. Auf das Dach seines Hauses in Locquirec hat er Solarzellen montiert, in seinem Garten wuchern wegen der Artenvielfalt die Pflanzen und er fährt einen kleinen, gasbetriebenen Renault Clio. „Wenn man etwas Großes verändern will, muss man bei sich selbst anfangen“, sagt der ehemalige Philosophielehrer. Fast sein ganzes Leben lang habe er sich für den Naturschutz eingesetzt, erzählt der drahtige grauhaarige Mann. 1976 hat er die Umweltgruppe „Sauvegarde du Trégor” mitbegründet, die damals gegen den Bau eines geplanten Atomkraftwerkes in Beg an Fry an der Westspitze der Bretagne protestierten – mit Erfolg.

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Doch der Kampf für einen schonungsvolleren Umgang mit der Natur ist für Yves-Marie Le Lay nie zu Ende. Seit inzwischen fast zwanzig Jahren macht er auf die Gefahren durch die „algues vertes“, die grünen Algen, aufmerksam – ohne einen wirklich durchschlagenden Erfolg zu erzielen. Als Philosoph gefällt ihm der Vergleich mit Sisyphos – „die Leute würden aber eher sagen, ich bin eine Nervensäge“, sagt der Umweltschützer. Das Problem seien die Überdüngung der Felder und die Mastbetriebe an der bretonischen Küste, erklärt er. Die Flüsse und Bäche würden das überschüssige Nitrat aus dem Inland an die Strände spülen, weswegen sich die Algen dann jedes Frühjahr explosionsartig vermehren.

Schilder warnen vor der Gefahr

Einige wenige Strände an der weit über 1000 Kilometer langen bretonischen Küste sind inzwischen gesperrt worden. Auch in La Lieue de Grève hängen Warnschilder, die bei der herrschenden Hitze von den zahlreichen Touristen allerdings ignoriert werden. Bei Ebbe donnern Männer mit schwere Traktoren und großen Anhängern über den Strand. Ihre Aufgabe ist es, die Algen zu sammeln, aufzuladen und wegzufahren. Angesichts der Größe der Bucht allerdings kein wirklich erfolgsversprechendes Unterfangen. „La Lieue de Grève ist der ideale Ort für die Algen“, erklärt Yves-Marie Le Lay. „Die Bucht hat die Form eines Hufeisens, deshalb ist der Wasseraustausch mit dem offenen Meer eher gering, sie ist sehr flach und zwei nitratbelastete Bäche münden in die Bucht. Hinzu kommt im Moment die ungewöhnliche Hitze, die seit Wochen herrscht und das Wachstum noch weiter fördert.“

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Mit solchen Maschinen werden die Algen eingesammelt

Das Problem der “algues vertes” ist allerdings nicht neu. Yves-Marie Le Lay präsentiert ein Dokument von 1971, in dem die Gemeinde von St.-Michel-En-Grève die Verantwortlichen der Region dazu auffordert, etwas gegen die stinkende Masse zu unternehmen, die schon damals seit einigen Jahren beobachtet wurde. „Diese Plage hat erst mit der Massentierhaltung und vor allem mit der intensiven Landwirtschaft begonnen“, kommentiert der Umweltschützer das Papier. Die Lösung des Problems sei deshalb ganz einfach, erklärt Yves-Marie Le Lay, man müsse beides verändern.

Das aber ist nur schwer zu machen in einer Region, in der die Landwirtschaft und der Tourismus das Einkommen der Leute sichert. Die Bauern möchten ihre Produktionsweisen nicht umstellen und die Hotel- und Restaurantbesitzer wollen nicht, dass das Problem der Algen an die große Glocke gehängt wird. „Hinzu kommt, dass hier irgendwie jeder mit jedem verbandelt ist“, sagt der Umweltschützer. Was das konkret heißt, zeigt sich in einer Crêperie, idyllisch gelegen in einer kleinen Bucht. Lange war die Besitzerin in der bretonischen Umweltbewegung aktiv, das Engagement schlief jedoch ein, als ihre Tochter einen Landwirt aus der Region heiratete.

Die Behörden reagieren sehr langsam

Nach Jahrzehnten der Untätigkeit haben angesichts der ungeklärten Todesfälle an den Stränden der Bretagne auch die Politik und die Behörden reagiert. Von öffentlicher Seite wir immer wieder darauf verwiesen, dass vor knapp zehn Jahren der erste Aktionsplan ins Leben gerufen worden ist. Damals wurden tatsächlich viele Millionen Euro in die Aufklärung der Landwirte und die Säuberung der Strände investiert, allerdings ohne wirklichen Erfolg. 2017 wurde aus diesem Grund ein zweiter Fünf-Jahres-Plan im Kampf gegen die Algenplage konzipiert.
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Für 55 Millionen Euro werden auch dieses Mal als konkrete Maßnahme die Strände gesäubert und weil die politisch Verantwortlichen offensichtlich die hohe Nitrat-Belastung der Flüsse als Hauptgrund ausgemacht haben, sind abermals die Bauern das Hauptziel der Kampagne. Einschneidende und verpflichtende Maßnahmen oder Veränderungen werden von ihnen allerdings nicht gefordert. Die Landwirte werden aufgefordert, ihre Produktionsweise auf „Bio“ umzustellen oder auch einfach die Felder weniger zu düngen. Auf der offiziellen Internetseite „Algues Vertes Info“ der Region ist zu lesen, es müsse versucht werden, die wirtschaftlichen und ökologischen Interessen unter einen Hut zu bekommen.

Die Hartnäckigkeit eines Bretonen

Yves-Marie Le Lay kann angesichts solcher Aussagen nur den Kopf schütteln. Nach einigen weniger schönen Äußerungen über Politiker und Behörden, wird er sehr fundamental in seiner Kritik. „Wir müssen den Kapitalismus grundlegend verändern“, fordert der Aktivist. „Das System zeigt, dass es nicht zukunftsfähig ist.“ Die Algenplage an den Stränden der Bretagne sei nur ein beispielhafter Ausschnitt des großen Ganzen. Der Umweltschützer weiß, dass er sich mit seinem Einsatz für die Ökologie nicht viele Freunde macht. „Ich erwarte nicht, dass man mir ständig applaudiert“, sagt Yves-Marie Le Lay, aber er wolle einfach nur seinen Kindern eine intakte Natur übergeben. Allein dafür lohne es sich, eine gewisse Hartnäckigkeit an den Tag zu legen. In Frankreich gelten die Bretonen als ganz besondere Sturköpfe, sagt Yves-Marie Le Lay. „In diesem Fall bin ich ganz Bretone.“

Wie steht es um die Umwelt in Europa?

Die Europäische Umweltagentur beschreibt im Abstand von fünf Jahren den Stand der Dinge in Sachen Umweltschutz auf unserem Kontinent. Energie, Müll, Landwirtschaft oder Verkehr – wir stellen Bereich vor, in denen sich viel zum Guten bewegt. Aber dennoch bleibt viel zu tun, unterspreichen die Wissenschaftler.

Wer mehr Informationen haben möchte – hier ist der Link zur Europäischen Umweltagentur EEA: http://www.eea.europa.eu/de

Und hier der Link zur Seite in der Stuttgarter Zeitung: kkr-Seite 2, 03.03.2015

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Hier sind drei ausgewählte Grafiken:

Die zeigen, dass Deutschland beim Recycling von Müll unangefochten Europameister ist. Gefolgt von Ländern wie der Schweiz, Österreich oder Belgien, wo ebenfalls über die Hälte des Siedlungsmülls wiederverwertet wird.

Die Grafiken zeigen auch, dass das Auto das weitaus beliebteste Verkehrsmittel in Europa ist. Rund 80 Prozent der Personentransporte werden europaweit mit dem Wagen erledigt.

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Seit der industriellen Revolution ist die Entwicklung der Wirtschaft von einem ungehinderten Zugang zu billiger Energie abhängig. Bisher waren das Brennstoffe wie Gas, Öl oder Kohle. Die Wissenschaftler bewerten es jedoch als Erfolg, dass sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch in Europa in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt hat. Von 4,3 Prozent im Jahr 1990 auf elf Prozent im Jahr 2012.

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