Ungarn: Schärfere Regeln für Flüchtlingshelfer

Ungarn hat die Regeln für die Arbeit von Flüchtlingshelfern drastisch verschärft. Das Parlament in Budapest verabschiedete am Mittwoch – dem Weltflüchtlingstag – mit breiter Mehrheit ein Gesetzespaket, das Flüchtlingshelfern mit Gefängnisstrafen bedroht.

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18.06.20-ungarn

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„Organisatoren illegaler Migration“

Die von der rechtskonservativen Regierung ausgearbeitete Vorlage zielt auf „Organisatoren illegaler Migration“ ab. Flüchtlingshelfer fürchten nun eine Kriminalisierung ihrer Arbeit, die Bundesregierung äußerte erneut Bedenken gegen das Gesetz. Das Gesetzespaket erhielt 160 Stimmen, nur 18 Abgeordnete stimmten dagegen.

Es sieht bis zu einem Jahr Haft für jeden vor, der einem illegal aus einem Nicht-Schengen-Land nach Ungarn eingereisten Migranten hilft, wenn dessen Leben nicht unmittelbar in Gefahr ist.

Weitreichende Änderung der Verfassung

Zu den verabschiedeten Vorlagen zählt eine Verfassungsänderung, wonach künftig keine Instanz „die Zusammensetzung der Bevölkerung“ Ungarns antasten darf. Dieser Verfassungsartikel richtet sich gegen die von der Europäischen Union beschlossene Quotenregelung für die Verteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten. Die Regierung erklärte dazu, die „Souveränität Ungarns“ werde gestärkt. „Mit dieser Verfassungsänderung verbieten wir die Niederlassung ausländischer Bevölkerungen in Ungarn.“ Teil des Gesetzespakets ist auch die Verpflichtung für die ungarischen Institutionen, die „christliche Kultur zu verteidigen“. Außerdem wird Obdachlosen verboten, auf öffentlichen Plätzen zu übernachten.

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Das „Stop-Soros-Gesetz“

Das unter Anspielung auf den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros auch als „Stop-Soros-Gesetz“ bezeichnete Paket hatte die Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban bereits vor einigen Monaten angekündigt und mit Sicherheitsinteressen begründet. Die ungarische Regierung betrachtet den als Mäzen aktiven Soros als Gegner. Dessen international tätige Stiftung unterstützt unter anderem mehrere Bürgerrechtsbewegungen in Ungarn. Orban warf Soros vor, über seine Organisation „Masseneinwanderung“ in die EU zu steuern.

Angriff auf die Menschenrechte

Amnesty International sieht in dem Gesetz einen „fundamentalen Angriff“ auf die menschenrechtlichen Grundsätze der EU. Helfer würden damit „systematisch stigmatisiert“ und in der Ausübung ihrer Tätigkeit behindert, erklärte die Europaexpertin von Amnesty Deutschland, Janine Uhlmannsiek. „Es ist bittere Ironie, dass das ungarische Parlament das Gesetz ausgerechnet am Weltflüchtlingstag verabschiedet hat.“

Politischer Druck: Soros-Stiftung verlässt Ungarn

George Soros gibt auf. Der US-Milliardär verlegt das Büro seiner Stiftung von Budapest nach Berlin. Der Rückzug kommt nicht überraschend. Seit Monaten erhöht die rechtsnationale Regierung den Druck auf alle  Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Ungarn, deren unabhängige Arbeit den Politikern offensichtlich ein Dorn im Auge ist.

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18.05.15-soros

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George Soros ist Ziel der Attacken

Hauptziel der Attacken ist aber George Soros, der in Ungarn geboren wurde, den Holocaust überlebte und dann in den USA sein Vermögen machte. Mit seiner Open-Society-Stiftung, die rund 100 Mitarbeiter hat und seit 1984 in Ungarn tätig ist, fördert der Milliardär Initiativen und Organisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen.

In den Wochen vor der Parlamentswahl Anfang April trieb die Hetze gegen Soros ihrem Höhepunkt entgegen. Die Regierung gab mehrere Millionen Euro für eine überaus umstrittene Plakatkampagne aus, die von vielen Beobachtern als „antisemitisch“ gebrandmarkt wurde.  Orban wirft Soros vor, er sei für die massenhafte „illegale Migration“ aus dem Nahen Osten verantwortlich und gefährde damit die Sicherheit Ungarns. Der Premier verteidigte die Aktion gegen die Vorwürfe. Jeder, der so handle wie Soros – „ungeachtet seiner Herkunft, Religionszugehörigkeit oder seines Vermögens“ – habe mit politischen und rechtlichen Gegenmaßnahmen Budapests zu rechnen, rechtfertigte sich Orban damals unter anderem gegenüber dem Präsidenten des Verbands Jüdischer Gemeinden in Ungarn, Andras Heisler.

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Nach der Wahl erhöhte sich der Druck

Aber auch nach dem Wahlsieg von Orbans Fidesz-Partei bei der Wahl ließen die Angriffe nicht nach – im Gegenteil. Das neue Parlament soll bereits im Juni Gesetze billigen, die alle in Ungarn tätigten Zivilorganisationen in die Illegalität drängen könnten. Unter anderem brauchen Organisationen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren künftig eine staatliche Genehmigung, ausländische Spenden werden mit 25 Prozent besteuert und ausländische NGO-Mitarbeiter können leicht ausgewiesen werden. .

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Kritik von Seiten der UN

Jon Hoisaeter, Vertreter von UNHCR Central Europe Budapest, sieht in Ungarn die gesamte Zivilgesellschaft in Gefahr. Die Regierung Orban toleriere nur, wer ihre Bedingungen akzeptiert. „Wir werden sehen, was man tun kann“, sagt er. Aniko Bakonyi von der Menschenrechtsorganisation Hungarian Helsinki Committee ist weniger gelassen. Seit ihr Name und der weiterer Mitarbeiter von Regierungsmedien veröffentlicht wurde, hat sie einen besonders kritischen Blick auf die Regierungsaktivitäten: „Sie mischen die Themen Migration und Terrorismus“, warnt sie.

Fidesz hat von Soros profitiert

Die Ironie der Geschichte ist, dass George Soros seinen eigenen Gegner erst groß gemacht hat. Die regierende Fidesz-Partei von Premierminister Victor Orban hat in den frühen Jahren viel Geld von der Open-Society-Stiftung bekommen, um in Ungarn demokratische Strukturen aufzubauen.

Orban droht der EU mit einem Veto

Viktor Orban hat ein eher angespanntes Verhältnis zur Europäischen Union. Nun gibt es wieder einmal Streit. Dieses Mal geht es um den neuen EU-Haushaltsplan, die Verteilung der Flüchtlinge in Europa und die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien.

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18.05.04-ungarn

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Fidesz will eine Änderung der Verfassung

In Sachen Flüchtlinge will die in Ungarn regierende Fidesz-Partei für klare Verhältnisse sorgen. Mit einer Verfassungsänderung will sie der von der EU geforderten Unterbringung von Flüchtlingen in dem Land einen Riegel vorschieben. Die Nachrichtenagentur MIT berichtete unter Berufung auf den Fidesz-Politiker Mate Kocsis, die Gesetzesinitiative solle verhindern, dass die Europäische Union das Land zur Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen ihres Resettlement-Programms verpflichten könne.

Orban hatte das Vorhaben bereits 2016 ins Parlament eingebracht. Damals verfehlte er aber die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Nach der Wahl im April verfügt Orban aber über diese Mehrheit, mit der er Verfassungsänderungen im Alleingang durchsetzen kann.

Außenminister auf Konfrontationskurs zur EU

Zuvor war bereits Außenminister Peter Szijjarto auf Konfrontationskurs zur EU gegangen und hatte die von der EU-Kommission geplante Koppelung von Geldzahlung an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipen als Erpressung zurückgewiesen.

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Die EU-Kommission wirft der rechts-nationalen Regierung von Orban vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und die Pressefreiheit einzuschränken. Ungarn gehört zu den größten Netto-Empfängerländern in der EU.

Streit um den EU-Haushalt

Doch damit nicht genug. Am Horizont zeichnet sich eine neue, große Auseinandersetzung mit der EU ab – es geht um den Haushalt der Union. Ministerpräsident Viktor Orban hat mit einem Veto gedroht. Die Mitgliedstaaten müssten einstimmig über den Vorschlag der EU-Kommission entscheiden, „daher müssen sich die Ungarn keine Sorgen machen“, sagte Orban in einem Radiointerview.

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Der Grund für die Aussage: Ungarn hat Angst, in Zukunft weniger Geld aus den Brüsseler Kassen zu bekommen. Orban sagte, er werde keinen EU-Haushalt unterstützen, der weniger Fördergelder für Bauern, Forschung und regionale Entwicklung vorsehe, und das Geld stattdessen an Länder verteile, „die Migranten reinlassen“.

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Der neue Finanzplan der EU

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hatte am Mittwoch seine Finanzplanung für die Zeit von 2021 bis 2027 vorgestellt. Dabei kündigte er an, die Vergabe von Fördergeldern künftig auch an die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards in den Empfängerländern knüpfen zu wollen. Die EU-Kommission zielt damit auf Länder wie Ungarn oder Polen ab, mit denen sie wegen Zweifeln am Zustand ihres Rechtsstaats im Konflikt ist.

Viktor Orban – der Wutbürger aus Budapest

Der Urnengang im April dürfte die Macht von Ungarns starkem Mann nicht wirklich gefährden. Viktor Orban will dennoch auf Nummer sicher gehen. Von feindseligen Parolen gegen Zuwanderer erhofft er sich ein klares Votum für ein erneutes Regierungsmandat.

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Orban wütet gegen Flüchtlinge

Mit einem Großaufmarsch seiner Anhänger hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban im Wahlkampf für die Parlamentswahl am 8. April Stärke demonstriert. „Wir stehen vor der größten Schlacht“, sagte der rechtsnationale Politiker auf dem Platz vor dem Budapester Parlament. „Man will uns unser Land wegnehmen“, erklärte er vor Zehntausenden Menschen.

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Der „Landraub“ erfolge diesmal „nicht mit einem Federstrich“, wie dies in den Friedensverträgen nach dem Ersten Weltkrieg geschehen sei, als Ungarn zwei Drittel seines Territoriums an die Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie verlor, führte Orban weiter aus.

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„Jetzt will man, dass wir unser Land im Laufe mehrerer Jahrzehnte freiwillig anderen überlassen, Fremden, die von anderen Kontinenten kommen, (…) die unsere Kultur, Gesetze und Lebensform nicht respektieren.“

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Zentrales Thema seines Wahlkampfs sind die Ängste vor Einwanderern und Flüchtlingen. Unter Orbans Führung hat sich Ungarn gegen Asylbewerber weitgehend abgeschottet.

Unbändiger Hass auf Soros

Das zweite große Thema der Rede des ungarischen Ministerpräsidenten war laut dem britischen “Guardian” der Investor George Soros. Soros, der in Ungarn unter anderem zivilgesellschaftliche Organisationen und unabhängige Einrichtungen unterstützt, ist für Orban und seine rechtsnationale Fidesz das größte Feindbild.

In den Hass auf den jüdischen Soros mischt sich bei Orban oft Antisemitismus. In Budapest sagte er:

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Orban hat gute Chancen zu gewinnen

Orban regiert seit 2010 in Ungarn. Meinungsumfragen zufolge hat er bei der Parlamentswahl im April die besten Chancen auf einen weiteren Sieg. Zentrales Thema seines Wahlkampfs sind die Ängste vor Einwanderern und Flüchtlingen. Unter Orbans Führung hat sich Ungarn gegen Asylbewerber weitgehend abgeschottet. Die wenigen Asylsuchenden, die in Ungarn anerkannt werden, verlassen das Land zumeist in Richtung Westeuropa, weil sie in Ungarn keine Unterstützung und Integrationsangebote erhalten.

Am Donnerstag beging Ungarn einen Nationalfeiertag zum Gedenken an den Unabhängigkeitskrieg gegen Österreich 1848/49. Vor der Rede Orbans marschierten mehrere zehntausend Anhänger des Regierungschefs durch die Budapester Innenstadt. Der sogenannte „Friedensmarsch“ sollte die Stärke und Überlegenheit der Regierungsanhänger demonstrieren.

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Die Oppositionsparteien hielten kleinere Kundgebungen ab. Die Satire-Partei Zweischwänziger Hund organisierte ihren eigenen „Friedensmarsch“. Die Teilnehmer forderten – in Anspielung auf den Demokratieabbau unter Orban – die Abschaffung der Demokratie und den Verzicht auf Wahlen.

Sehr bittere Niederlage für Orban in Hodmezovasarhely

Zugegeben – Hodmezovasarhely ist nicht der Nabel der Welt. Doch die Stadt in Süd-Ungarn könnte zu einer Warnung an den immer mehr im autokratischen Stil agierenden Premier Victor Orban werden.

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Hodmezovasarhely gilt als Fidesz-Hochburg

Es sind noch sechs Woche bis zur Parlamentswahl in Ungarn – man befindet sich also auf der Zielgeraden. Und nun hat die Fidesz-Partei Orbans bei einer Nachwahl eine unerwartete Niederlage erlitten. Bei der Abstimmung zum neuen Bürgermeister der südungarischen Stadt Hodmezovasarhely setzte sich der unabhängige und von der gesamten Opposition unterstützte Kandidat deutlich gegen den Kandidaten von Orbans Partei durch. Sehr bitter ist: Hodmezovasarhely gilt eigentlich als Fidesz-Hochburg. Bei der letzten Wahl 2014 war die Partei hier auf 61 Prozent gekommen.

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Die Abstimmung galt als Stimmungstest vor der Parlamentswahl am 8. April. Der unabhängige Kandidat Peter Marki-Zay kam auf 57,5 Prozent der Stimmen. Zoltan Hegedus von Orbans Fidesz-Partei erzielte nur 41,5 Prozent.

Heimat von Orbans einflussreichem Bürochef

Die Stadt ist Heimat von Orbans einflussreichem Berater und Bürochef Janos Lazar. Die vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung von mehr als 60 Prozent könnte als Hinweis darauf gewertet werden, dass die Anhänger der zersplitterten Opposition eine größere Herausforderung für Orban darstellen könnten als bislang gedacht.

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Großer Vorsprung des Siegers

Das unabhängige Nachrichtenportal Index.hu verwies in seiner Analyse nicht nur auf den Sieg des Oppositionskandidaten an sich, sondern insbesondere auf den großen Vorsprung seines Sieges. „Dieser Sieg lehrt mehrere Lektionen“, resümierte das Nachrichtenprotal. So werde er die Opposition ermutigen, sich gemeinsam gegen Orban einzusetzen. Zwar stehe der wahrscheinliche Sieg der Fidesz-Partei bei der Parlamentswahl am 8. April nicht in Frage – „das Ergebnis wird aber sicherlich die Stimmung im Land in den letzten Wochen vor der Wahl verändern“, schrieb Index.hu.

Am Sieg Orbans zweifelt niemand

Umfragen sagen bislang rund 50 Prozent für die Fidesz-Partei bei der Parlamentswahl im April voraus. Orban, der in den vergangenen Jahren seine Macht Schritt für Schritt ausbaute, würde damit zum dritten Mal in Folge Regierungschef.

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Der wegen seines autokratischen Regierungsstils kritisierte Ministerpräsident verfolgt einen harten Kurs unter anderem in der Flüchtlingspolitik und legt sich in dieser und anderen Fragen mit der Europäischen Union an. In jüngster Zeit erlitt Fidesz jedoch durch einen Korruptionsskandal, in den Orbans Schwiegersohn verwickelt ist, sowie durch Berichte über frisierte Zahlen zur Aufnahme von Flüchtlingen Rückschläge. Beobachter werden vor allem auf die Größe der wahrscheinlichen Mehrheit der Fidesz-Partei schauen. Eine Abnahme der vor vier Jahren erzielten Zwei-Drittel-Mehrheit könnte Orbans Machtposition schwächen.

UN kritisieren „Stop Soros“-Gesetz

Nun melden sich auch die Vereinten Nationen zu Wort. Die UN haben Ungarn aufgefordert, das geplante Gesetz zur Kontrolle von Flüchtlingshilfsorganisationen zu ändern.

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Gegen Soros läuft in Ungarn eine Kampagne

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„Schlimme Konsequenzen“ für Flüchtlinge

Der Entwurf bedrohe nicht nur die Arbeit der Zivilgesellschaft in Ungarn, sondern könne auch „schlimme Konsequenzen“ für Flüchtlinge haben, sagte ein Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Genf. Das Gesetz bedeute eine „Verletzung der Menschenrechte durch die Regierung“, sagte UN-Sprecher Rupert Colville in Genf. „Wir fordern die ungarische Regierung dazu auf, diese Vorschläge zu überprüfen“, fügte er hinzu. Der ungarische Gesetzentwurf zielt auf Nichtregierungsorganisationen ab, die aus dem Ausland finanziert werden.

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Soros unterstützt in Ungarn NGOs

Das Gesetz mit dem Namen „Stop Soros“ richtet sich insbesondere gegen den aus Ungarn stammenden US-Milliardär George Soros, der mit seinen Stiftungen mehrere ungarische Bürgerrechtsorganisationen unterstützt.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban beschuldigt Soros, von außen eine „Masseneinwanderung“ in die EU zu steuern. Orban hat Soros immer wieder öffentlich angegriffen und unter anderem als „Staatsfeind“ bezeichnet. Der am Dienstag von der rechtskonservativen ungarischen Regierung veröffentlichte Gesetzentwurf sieht eine Steuer von 25 Prozent auf ausländische Finanzmittel für Organisationen vor, die „illegale Einwanderung unterstützen“.

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Bereits im Juni hatte Ungarn ein Gesetz verabschiedet, wonach sich Organisationen, die jährlich mehr als 24.000 Euro aus dem Ausland erhalten, registrieren lassen müssen. Zudem müssen sie dem Staat ihre Finanzquellen offenlegen. Auch dieses Gesetz zielte auf Soros ab.

Ungarn plant Strafsteuer für Flüchtlings-NGOs

Ungarn macht weiter Druck auf Zivilorganisationen. In den Fokus geraten nun jene, die Flüchtlingen helfen. 
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Wer Flüchtlingen hilft wird bestraft

Die rechtsnationale Regierung in Budpest plant eine neue Strafsteuer für NGOs, die sich für Flüchtlinge einsetzen und ihre Kosten überwiegend durch Unterstützung aus dem Ausland decken. Dies gab der ungarische Innenminister Sandor Pinter nach einer Regierungssitzung bekannt. Die Steuer werde 25 Prozent betragen.
Die Maßnahme ist Teil eines geplanten Gesetzespakets, das die Tätigkeit von Organisationen regulieren soll, die mit dem sogenannten „Soros-Plan“ in Zusammenhang gebracht werden. Das „Stop-Soros-Paket“ sieht weiter vor, dass sich Organisationen, die – wie es im Gesetzesentwurf heißt – „illegalen Migranten“ helfen, bei Gericht registrieren lassen müssen. Ausländische Mitarbeiter solcher Organisationen können des Landes verwiesen werden. Das Gesetzespaket soll nach der Erörterung in verschiedenen Gremien und Verbänden vom Parlament beschlossen werden.

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Registriert als „auslandsgeförderte Organisation“

Seit dem Vorjahr gilt bereits ein Gesetz, das alle Zivilorganisationen, die mehr als 24 000 Euro im Jahr an Hilfen aus dem Ausland erhalten, dazu zwingt, sich bei Gericht zu registrieren. Sie müssen außerdem in allen Publikationen die Bezeichnung „auslandsgeförderte Organisation“ anführen. Das Gesetz ist derzeit Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU.
Der „Soros-Plan“ steht wiederum im Mittelpunkt eines monatelangen Propaganda-Kreuzzuges der Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban. Diese beschuldigt den US-Milliardär George Soros, der zahlreiche Zivilorganisationen unterstützt, Europa mit Flüchtlingen „überschwemmen“ zu wollen, um es seiner „christlichen und nationalen Identität“ zu berauben. Für einen derartigen Plan des in Ungarn geborenen Philanthropen gibt es keine Beweise.
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Polen und Ungarn – eine zerbrechliche Partnerschaft

Es geht natürlich um Flüchtlinge – und ums Geld. Der neue nationalkonservative polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat bei seinem ersten Auslandsbesuch in Budapest die Bedeutung der Visegrad-Staaten für die EU hervorgehoben. „Wir wollen mehr zu sagen haben“, sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbanin Budapest auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem polnischen Kollegen. „Denn diese Länder haben eine Vision der Zukunft Europas.“ Die Frage ist, ob alle diese Länder wirklich dieselbe Vision haben.

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Von Victor Orban enttäuscht

Viele Polen zeigten sich nach dem Besuch ihre Premiers in Ungarn enttäuscht. Orban stand an der Seite von Morawiecki, redete viel und sagte doch den entscheidenden Satz nicht. Es wurde nicht klar, ob er auf jeden Fall sein Veto einlegen wird, wenn die EU gegen Polen vorgehen wird. Auf der Pressekonferenz hat er den Artikel 7 der EU-Verträge nicht einmal erwähnt, dabei war es das einzige Stichwort, auf das alle gewartet haben.

Polen setzt auf das Prinzip Hoffnung

Die Polen müssen also auf das Prinzip Hoffnung setzen. Sie glauben ganz fest daran, dass Orban sich gegen die Sanktionen sperren wird. Aber schon der mögliche Grund für einen solchen Schritt wäre nicht Solidarität mit Polen, sondern reiner Egoismus. Denn Budapest könnte sich eines Tages in einer ähnlichen Situation wiederfinden wie Warschau.
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Diese Haltung wirft einige Fragen auf. Vor allem in Warschau sollten sich die Verantwortlichen bei der Gelegenheit überlegen, was Polen und Ungarn eint und ob ihre langfristigen Interessen die gleichen sind. Da sind etwa die Fragen der Sicherheit. Die Positionen sind dort verschieden und sogar gegensätzlich – da reicht ein Blick auf die grundsätzlich verschiedenen Einschätzungen in Sachen Russland. .

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Gemeinsame Haltung in Sachen Geld

Gemeinsam ist beiden Ländern allerdings wieder die Haltung, wenn es ums Geld geht. Die Visegrad-Länder planen eine gemeinsame Front in den anstehenden Verhandlungen über den nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der EU. Die früheren Ostblockstaaten sind alle Nettoempfänger, wobei Polen am meisten Mittel aus den EU-Fonds bezieht. Dagegen wollen wohlhabendere Staaten wie Deutschland den Deckel auf den Ausgaben halten und haben dabei vor allem den für 2019 geplanten Austritt des Nettozahlers Großbritannien im Blick.

Diese Haltung lässt wiederum tief blicken, welche Vorstellung die Staaten Osteuropas von Europa haben. Sich gegen die EU zu stemmen, keine Flüchtlinge zu nehmen und gleichzeitig weiter hohe Summen aus den Fonds einzufordern passt nicht wirklich zusammen.
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Eine feste Front oder doch Uneinigkeit?

Das kann man so oder auch so sehen. Der Streit der EU-Kommission mit Polen wird nicht von allen osteuropäischen Staaten auf dieselbe Art bewertet. Die einen sehen ganz Osteuropa gestärkt, andere glauben hingegen, dass die Front nicht so geeint ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

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Zum Sanktionsverfahren gegen Warschau schreibt die konservative ungarische Tageszeitung „Magyar Nemzet“:

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„Man sollte die Entscheidung der EU (…) mit gemäßigtem Enthusiasmus behandeln. Sie hat bereits ein mit Händen zu greifendes Ergebnis. Ungarns Regierung hat Polen sofort die Waffenbrüderschaft zugesichert, so dass das strategische Spiel der Union sehr wahrscheinlich immer spannender wird. Nicht zu reden davon, dass das gemeinsame Kriegsspiel (Polens und Ungarns) nur die Chancen der Regierungen der zwei renitenten (…) Länder bei den nächsten Wahlen wohl weiter erhöhen wird.“

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Auch in Prag hat man sich Gedanken zum Streit der EU-Kommission mit Polen und den Beziehungen innerhalb der Visegrad-Gruppe (Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei) gemacht. Dazu schreibt die konservative Zeitung „Lidove noviny“ aus Tschechien:

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„Warum hat Viktor Orbans Ungarn, politisch dem Polen Jaroslaw Kaczynskis nicht unähnlich, diese Probleme mit den EU-Institutionen nicht? Orban pflegt Beziehungen mit Österreich und Bayern. Und seine Fidesz-Partei ist fest in der Fraktion der Europäischen Volkspartei verankert, die polnische PiS gehört aber zu den Konservativen und Reformisten. Warschau erwartet wahrscheinlich Unterstützung von den übrigen Visegrad-Staaten.

Doch darüber steht ein Fragezeichen. Ungarn will zwar sein Veto einlegen, die Slowakei schweigt aber eher, und auch der tschechische Ministerpräsident (Andrej) Babis will abwarten, wie die Verhandlungen in Brüssel ausgehen.

Es kommt der Verdacht auf, dass nur der Widerstand gegen muslimische Migranten und die Flüchtlingsquoten die Visegrad-Gruppe verlässlich zusammenschweißt. Sobald es um andere Themen geht, bröckelt die Entschlossenheit.“

 

Ärger in Ungarn um Plakat-Aktion gegen Soros

Ungarn Premier Viktor Orban geht gerne eigene Wege, wenn er gegen die politische Konkurrenz zu Felde zieht. Ziel ist dieses Mal der US-Mäzen George Soros.

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Mehrere Millionen für eine Plakataktion

Mehrere Millionen Euro hat die Regierung in Budapest für eine umstrittene Plakatkampagne ausgegeben, die von vielen Kritikern als „antisemitisch“ gebrandmarkt wird. Seit Tagen prangen in ganz Ungarn große Plakate der Regierung, die einen lächelnden Soros darstellen, mit dem Text: „Lassen wir nicht zu, dass Soros als Letzter lacht.“ Unter demselben Slogan laufen auch Werbespots im von der Regierung kontrollierten staatlichen Fernsehen und Rundfunk.

Wilde Vorwürfe von Orban an Soros

Orban wirft Soros vor, der Milliardär sei für die massenhafte „illegale Migration“ aus dem Nahen Osten verantwortlich und gefährde damit die Sicherheit Ungarns. Der Premier verteidigt die Aktion gegen die Vorwürfe. Jeder, der so handle wie Soros – „ungeachtet seiner Herkunft, Religionszugehörigkeit oder seines Vermögens“ habe mit politischen und rechtlichen Gegenmaßnahmen Budapests zu rechnen, schrieb Orban  an den Präsidenten des Verbands Jüdischer Gemeinden in Ungarn (MAZSIHISZ), Andras Heisler. „Der Milliardenspekulant George Soros“ habe „unzählige Male klargemacht“, dass er Millionen „Migranten“ in Europa „ansiedeln“ wolle. Heisler hatte die Regierung zuvor aufgefordert, die Plakate abzubauen, da diese „antisemitische Regungen“ hervorriefen. Der 86 Jahre alte Soros ist jüdischer Abstammung. Der israelische Botschafter in Ungarn, Yossi Amrani, schreibt auf Facebook, die Kampagne gegen Soros „ruft nicht nur traurige Erinnerungen wach, sondern schürt auch Hass und Angst“.

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Israel relativiert die eigene Kritik

Israel hat seine anfangs harsche Kritik an der ungarischen Werbekampagne gegen US-Mäzen Soros wieder relativiert. Das hat damit zu tun, dass das Verhältnis Israels zu Soros auch nicht ganz spannungsfrei ist. „Israel verurteilt jeden Ausdruck von Antisemitismus in jedem Land und steht an der Seite aller jüdischen Gemeinden, die mit diesem Hass konfrontiert werden“, teilte das israelische Außenministerium mit. Allerdings gehe es nicht darum, Kritik an George Soros zu delegitimieren. Soros „untergräbt kontinuierlich Israels demokratisch gewählte Regierungen, indem er Organisationen finanziert, die den jüdischen Staat verleumden“. Laut Medienberichten erhielt unter anderem Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) in der Vergangenheit Unterstützung durch Soros. Die Organisation kritisiert die Besatzungspolitik Israels in den Palästinensergebieten. Ihre Mitglieder werden in Israel immer wieder als Verräter gebrandmarkt.

Israels Linke kritisiert den eigenen Premier

In Israel kritisierten Vertreter der Linken Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für die Mitteilung des israelischen Außenministeriums. Netanjahu „unterstützt Welt-Antisemitismus“ sagte die Vorsitzende der linksliberalen Partei Merez, Zeheva Gal-On, laut „Jerusalem Post“.
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Die Aktion markiert einen Höhepunkt in dem Feldzug, den die Orban-Regierung seit Anfang des Jahres gegen den US-amerikanischen Investor mit ungarischen Wurzeln führt. Im Frühjahr entzog Orban der von Soros gegründeten Central European University die Existenzgrundlage. Gleichzeitig geht der Regierungschef gegen die von Soros‘ Open Society Foundations mitfinanzierten NGOs vor.